Die Altstadt von Hann. Münden steht wie die Stadt Duderstadt als Stadtdenkmal unter Denkmalschutz. Auch hier spielen die historischen Dächer eine Rolle – von den typischen Dachformen der Fachwerkhäuser bis zu den Dachstühlen der Kirchen. Hann. Münden beeindruckt mit einzigartigen historischen Dachkonstruktionen, die Einblicke in die Zimmermannskunst der vergangenen Jahrhunderte bieten.
Besonders imposant sind die großdimensionierten mittelalterlichen Dachstühle, wie der der St.-Blasius-Kirche (1491–1493). Der rund 20 Meter hohe, offene Dachstuhl aus etwa 400 Eichenstämmen veranschaulicht mit seinen stehenden Stuhlsäulen und durchgehenden Balkenlagen die Baukunst der Gotik.

Einige Dächer wurden in speziellen Konstruktionen ausgeführt, um große Spannweiten zu überbrücken. Ein Beispiel dafür ist das Welfenschloss. Dort ermöglichte ein ausgeklügeltes Ständer- und Sprengwerk eine stützenfreie Überdachung des Rittersaals. Diese als „Holländerdachstuhl“ bekannte Konstruktion sorgte für maximale Stabilität bei beeindruckender Raumwirkung.
Typisch für Hann. Münden sind auch die zahlreichen Zwerchhäuser (große Gaubenhäuser), die als Lagerflächen dienten und aus den Dachflächen herausgebaut sind. Aufgrund des mittelalterlichen Stapelrechts (1247) waren alle durchreisenden Kaufleute verpflichtet, ihre Waren in Hann. Münden abzuladen und den Mündener Bürgern drei Tage lang zum Kauf anzubieten. Aufgrund dessen mussten Waren vor Ort gelagert werden. Die in das Fachwerk eingebundenen Gaubenhäuser waren oft mit Winden ausgestattet, um Güter direkt vom Wagen ins Dachgeschoss zu befördern. Die Kombination aus steilem Satteldach und Zwerchhaus prägte viele Handelshäuser und zeigt die funktionale Anpassung der Dächer an die Bedürfnisse der Wirtschaft.
Neben funktionalen Aspekten zeigen die Dächer von Hann. Münden auch dekorative Elemente ihrer Bauzeit. Gotische Treppengiebel, barocke Gauben mit geschwungenen Hauben und kunstvolle Staffelfriesen an Giebelfassaden zeugen vom Zimmermanns-Handwerk.
Den allergrößten Teil der historischen Dächer decken rote Tonziegel. In Hann. Münden dominierte ein bestimmter Ziegeltyp, der Krempziegel, jahrhundertelang die Dachlandschaft. Diese gebogenen Flachziegel ergeben die charakteristische ziegelrote Dachfläche. Zusammenfassend ergibt sich ein einheitliches Bild aus hölzernen Tragwerken und erdroten Ziegeldächern. Dieses Farbbild ist bis heute erhalten: beim Blick über die Stadt sieht man ein Meer von roten Dächern, unterbrochen nur von Fachwerkgiebeln und einzelnen Türmen.