Das ehemalige Küsterhaus der St. Blasius-Kirche in Hann. Münden (im Bild das Gebäude links neben dem Eckhaus) ist nicht nur eines der ältesten Häuser der Stadt sondern weist als spätgotischer Bau auch einige Besonderheiten auf.
Die verzierten Knaggen des Hauses belegen, dass in der Stadt bereits um 1450, also in der Stilepoche Spätgotik, Schnitzwerk auftaucht, welches ab der Renaissancezeit im Stadtbild deutlich reicher wird. Es finden sich dort Minuskeln (Kleinbuchstaben) und Reliefschnitzereien mit spätgotischem Rankenwerk. In zwei Knaggen sind der Bauherr Henricus Gobele und der Meister Hans Fermessen genannt.


An der südlichen Seite des Hauses am Kirchplatz 4 steht an der linken Knagge oberhalb des Erdgeschosses die Inschrift „M CCCC LVII“ (1457). Diese inschriftliche Datierung eines Fachwerkhauses ist die älteste im Fachwerk5Eck.
Beeindruckend ist zudem das kompakte Hausgefüge mit wenigen Gefachbreiten und dem hohen Dielenerdgeschoss. Heute befindet sich im Erdgeschoss ein Gasthaus.


Im Unterschied zu den anderen Städten des Fachwerk5Ecks sind in Hann. Münden keine ganzen Stadtquartiere Stadtbränden oder Kriegen zum Opfer gefallen. Daher stehen in der Dreiflüssestadt auch die bisher ältesten nachweisbaren, spätgotischen Fachwerkhäuser im Fachwerk5Eck. Neben dem Küsterhaus sind dies die Burgstraße 19 (1381), Lange Straße 17 (1383, beide an den Fassaden völlig umgebaut) sowie Ziegelstraße 66 (1400, komplett erhalten). Ihre Datierungen konnten anhand dendrochronologischer Untersuchungen ermittelt werden.
